Montag, 8. Oktober 2012

Phänomen Bürohumor Teil 3

Es ist 8:30 Uhr. Wir befinden uns in der EDV-Abteilung eines Multi-Millionen-Euro Unternehmens. Anonymität hat hier oberste Priorität, doch der Zuschauer wird auf eine Reise mitgenommen, um in das Maul der Bestie zu schauen. Hübsch wird das nicht.

Die Tür geht auf, Karsten und Martin betreten den Raum.

Martin:
Boah, alte Scheisse, war das n Wochenende. Höma, hab ich nen Kater. Man kann ja heute gar nicht mehr so viel saufen, damit die Weiber hübsch werden! (stellt die Tasche ab, holt eine Asperin raus und wirft sie in ein Glas Wasser. Gebannt starrt er auf die sich auflösende Tablette)

Karsten:
Mensch, Matze, raff ich nich. Bei deinem Aussehen kann das ja wohl nicht Warstein! Ich bin auch nicht zum Zug gekommen. Wo sind se nur, die heissen Weiber?

Martin:
Auf dem Planeten frigides Miststück?!? (trinkt gedankenverloren seine Asperin)

Karsten:
Aber sowas von! Fast so schlimm wie... (er wird vom Klingeln des Telefons unterbrochen, guckt aufs Display und rollt mit seinen Augen und stöhnt) ...wenn man vom Teufel spricht. (nimmt ab) EDV Zwei, hier werden Sie geholfen. Na, Uta, alles Roger in Kambodscha?

Uta (durchs Telfon hörbar):
Nee, Chaos in Laos. Aber wasn das für ne Ansage? Könnt ihr euch nicht einmal wie Erwachsene melden? Egal, höma, Karsten, mein Schlepptop funzt nicht. Kannste dir das mal angucken?

Karsten (gelangweilt):
Aber natürlich, Frau Schloh.

Uta:
Gut, dann schick ich gleich ma unsere Azubine, die Jennifer vorbei. (legt auf)

Karsten:
Aber kla... Boah! Kann die Alte mal nicht scheisse sein? (knallt den Telefonhörer auf)

Martin:
Nö. Hat wahrscheinlich wieder vier Kilo übers Wochenende zugenommen...

Im selben Moment in der Abteilung für Kundenbetreuung und Beschwerden.

Uta (übergibt Jennifer den Laptop):
Hier, Jenny. Jetzt nimmste das Ding, gehst runter in die Zwei und sagst den Pappenheimern da, wenn das länger als wie Pfirsich Minuten dauert, steh ich da aufa Matte!

Jennifer:
Alles Karl! Bis Danone, Uta. (macht sich auf den Weg)

(Uta geht in die Kaffeküche und trifft Candize)

Candize:
Uta!!! Herbstliche Glühstrümpfe nachträglich. Wie war dein Burzeltag?

Uta (schwärmt):
Wun-der-präch-tig. Der Dietmar, der wollte mich überraschen und hat das ganz gefickt eingeschädelt (zieht ein Augenunterlid mit dem Finger runter). Pass ma auf, ich dachte ja, dass wir wie immer nach Didi's Notaufnahme gehn. Aber der Dietmar, hat ja schon vor Wochen den Tisch beim Italiener ums Eck bestellt gehabt.

Candize (ungläubig):
Im Ernst???

Uta:
Nee, im Dieter. (lacht über ihre eigene Antwort) Ich dacht ja schon "Uta, das kann ja Eiter werden, du hier mit deine Straßemklamotten beim Edel-Italiener", aber die waren da alle ganz relaxt. Wir haben dann erstmal einen Schianti und Bruschetta bestellt.

Candize:
Ohh. Uta, ich bin ganz neidisch. Das klingt sooo ramontisch. Mein Mustafa nimmt mich nur mit nachn Döneressen...

(Thorsten betritt die Kaffeeküche)

Thorsten (kommt reingeschlurft):
Moinsen!

Candize (reißt ihre Arme auseinander und springt Thorsten an):
Thodde!!!!! Hey... Wie war das Wochenende? Schön abgefeiert?

Thorsten (kratzt sich verlegen am Hinterkopf):
Ähh... nee du. Hausaufgaben waren angesagt. Hab ja sonst nichts. (schnappt sich einen Kaffee und geht zu seinem Schreibtisch) Man siebt sich.

Candize (wieder zu Uta gewandt):
Na da scheisste beweit, ne? Naja, ich geh dann mal. Tschö mit ö. (geht)

(Währenddessen in der EDV-Abteilung)

Jennifer (kommt mit dem Laptop unterm Arm rein):
Heeeey...

Karsten (mustert sie von oben bis unten und wieder zurück):
Jenny... Alles klar im BH? Alles fit im Schritt?

Martin (setzt sein Flirtgesicht auf, das mehr an eine schlechte Latinofratze erinnert):
Alles klärchen, Bärchen? (blinzelt mit einem Auge in Jennifers Richtung und macht einen Kussmund)

Jennifer:
Hihihi... Ohhh, ihr seid sooo süß, Jungs... (stellt den Laptop auf den Tisch und fängt an, an einer Strähne rumzudrehen und laut auf ihrem Kaugummi herumzukauen)

Martin (klappt den Laptop auf und stöhnt):
Nähh. Was hat se denn dieses Mal damit gemacht? Und ich sach noch: Nix damit tun, was ich nicht auch machen würde... Man man man...

Karsten (beäugt fachmännisch den Bildschirm des Laptops):
Wer macht den Sofas? Was meinste? N Fall für Ranjid?

Martin (nickt und greift zum Telefon und wählt ein paar Nummern):
Ja, hier EDV Zwei. Schickt ma Ranjid.

Jennifer:
Jungs, ich muss auf Wiese gehen. Und dann für kleine Königstiger. Tschüssikowski. (geht weg, im selben Moment kommt Ranjid rein)

Martin:
Ahhh! Der Computer-Inder! Du wie gerufen kommst. (lacht)

"Ranjid" (resignierend):
Entschuldigen Sie, wie oft muss ich Ihnen noch sagen, dass ich in Deutschland geboren wurde, fließend Deutsch spreche und mein Name nicht Ranjid, sondern Johannes ist. Johannes Bachbauer. Nur weil meine Vorfahren indische Wurzeln haben... Ach, wissen Sie was? Ist jetzt auch egal. Wo ist der Computer?

Martin (händigt den Laptop aus und Johannes geht wieder):
Ja dann bis dannzig. (zu Thorsten gewandt) Wusstest du, dass der kein Inder ist???

Thorsten:
Never. Aber gib mal ne Gabel her, der Witz klemmt. Wenn der Deutscher ist, fress ich nen Saugstauber...

(Die Stunden vergehen, bis es für Thorsten endlich Zeit wird, als guter Azubi die tägliche Mittagsbestellung entgegenzunehmen.)

Thorsten (bleibt in der Tür stehen):
Hey Uta. Ich geh zu Kentucky schreit ficken. Was darf ich dir mitbringen?

Uta (gereizt):
NIX! Ich achte auf gesunde Ernährung!!! Davon könntet IHR ALLE euch eine Scheibe abschneiden und Lars but not Lisa muss ja hier einer als gutes Beispiel vorangehen!

Thorsten (macht schleunigst die Tür hinter sich zu und nuschelt in sich hinein):
Tschuldigung, war Absicht.

(geht runter in die EDV-Abteilung)

Thorsten:
Hey Jungs. Ich hol Essen. Von Käi-Eff-ßi...

Martin:
Nee, lass ma stecken, den Asiatenschund. Den kannste dir selber reinschrauben. Geh ma lieber nachn Ügüm-Döner hin. (faltet einen Flyer auf) Da nehm ich ne Normalotasche mit ordentlich Tsatze. Und das der Türke mir da schön Knofi reinmacht! Sonst ist hier Achterbahn!

Karsten (schiebt sich mit seinem Stuhl an Martins Schreibtisch ran):
Alter, Stück mal n Rück. Ich nehm son Dürüm aber auch mit richtig Knobi. Gehste dann noch bei Startback Kaffeehaus vorbei? Machste, ne? Dann bring mir ma ne grosse Latte mit. Hä-Hä-Hä...

Martin (nickt zustimmend):
Sizilium und Füße hoch, Flachwitz... Den kennt doch Jever! So, Thodde, hier haste 20 Euronen. Muss reichen, ne? Bis in fuffzehn Minuten dann. Also, see you later aligator!

Thorsten (nimmt das Geld entgegen und geht):
Ja klar, ich komm dann.

Karsten:
Du Schwein! (lacht lange und unangebracht laut über seinen eigenen Witz) HÄHÄHÄ!!! Und jetzt sieh zu, dass du Land gewinnst. Aus die Maus. Ende im Gelände und Schicht im Schacht.

Thorsten (kommt oben im Büro an):
Hey, Jenny.... (wird direkt rot) Was darf ich dir mitbringen?

Jenny:
Ohhh, das ist ja lieb. Ich nehm nur nen Cappu und ein bisschen Schoki.

Thorsten:
Warum nix Richtiges?

Jenny:
Thoooooddeee... Mönsch. Son Cappu hat doch nur Achtung Pfirsich Kalorien. Kaffee zum Bleistift hat schon bis zu 400. Und nach Adam Riese und Eva Klein ist das zu viel! (ein Klingeln) Waahh, Teflon klingelt, muss rangehen. Bis dann. Und dankö... (dreht sich zum Schreibtisch um)

(später - Thorsten ist wieder da, alle kommen in der Kaffeeküche zusammen.)

Uta (stochert lustlos in einem Salat mit Weight Watchers Dressing rum und schnüffelt in der Luft):
Na wunderprächtig. (zu Martin und Karsten gewandt) Gänsefleisch mal das Fenster öffnen? Ihr stinkt, der Knobischeiss nervt!

Martin (beißt genussvoll in seine Dönertasche):
Mach ich später. Gelüftet wird nur einmal die Woche. Hä-Hä-Hä! Oder ist heute schon Freitach?

Karsten:
Schön wärs. Heut is Montach, schon den ganzen Tag und heute Abend mit Beleuchtung!

Uta (noch genervter):
Boah! Ist der Spruch neu oder mit Perwoll gewaschen?

Martin:
Jawollski. Da kannste mich mit freundlichen Füsschen auch gleich zitieren! Alle Klarheiten beseitigt?

Uta:
Näh. Muss ich dafür zahlen?

Karsten:
Klar. Aber nicht die Märchensteuer vergessen!

(Alle essen noch eine Weile, wir machen hier einen "cut", denn die folgende Sprücheschlacht ist nicht zumutbar. Irgendwann ist dann ist auch der letzte Dönerkrümel gegessen, der letzte Tropfen Kaffee getrunken und das letzte bisschen Würde verschwunden)

Karsten:
Ja bis dannzig, ne?

Martin:
Wiedersehen macht Freude (zwinkert Jenny zu).

Jenny:
Tschaui...

Uta:
Bis Baldrian! Räumst dann ab hier, ne?

Thodde (bleibt alleine zurück):
Ja nee. Lasst mich ruhig die Drecksarbeit erledigen. Mit mir kann mans ja machen. Manchmal wünschte ich, dass ich den Mut hätte, hier wie in Halo 4 durchzulaufen. Einfach die Knarre nehmen, laden und.....

An dieser Stelle wird die Spannung von einer Werbeunterbrechung oder dem Abspann genommen. Der Zuschauer hat nun je nach Wochentag 24 oder 72 Stunden Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, was die tragische Figur des Thorsten wohl mit seiner Aussage gemeint haben könnte. Wird er wirklich zur Waffe greifen und einen realen Amoklauf durchziehen? Wird das das große Finale? Wer wird und kann es verhindern? Welcher Charakter überrascht mit einer neuen Facette? Oder bleibt es nur bei Thorstens Gedanken? Auf jeden Fall beschäftigt sich der Zuschauer erstmal ein paar Minuten mit diesem Denkspiel um dann durch eine darauffolgende Sendung abgelenkt zu werden und bis zur nächsten Folge nicht mehr weiter über Thorsten und seine Probleme nachzudenken.

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