Donnerstag, 6. September 2012

Nullnummer der Woche: Kein Taktgefühl im Metronom

Eine Zugfahrt die ist lustig, eine Zugfahrt die macht Spaß... NICHT. Penelope Mode bereichtet exklusiv vom nordischen Konkurrenzunternehmen der Deutschen Bahn.

Man sagt, der Zug sei nach dem Flugzeug das sicherste Transportmittel der Neuzeit. Das glaube ich sofort: Deutsche Wälder ziehen wie ein grüner Teppich vorrüber, die Sonne wirft ihr warmes Licht durch die doppelt verglasten Fensterscheiben. Man kann entspannen, lesen und schla... schlaa... schlaaa...!
Nein, leider nicht möglich. Während AC/DCs Worte "Highway to Hell" an mein Trommelfell dringen, versuche ich vergeblich, meine Augen zu schließen und dem Komfort der blau-gelben Polstersitze des Metronoms* zu frönen. Zum Takt des Pulsierens meiner Halsschlagader habe ich kurzerhand auf "This is the new shit" von Marilyn Manson gewechselt. Das Zugpersonal des Metronoms sollte jedem Fahrgast vor Fahrtantritt die Mao-Bibel aushändigen, damit man sich während der Zugfahrt für das kleinere Übel entscheiden kann.
Ein Jahr lang ertrug ich die seelische Folter durch 300 Dezibel laute Zugdurchsagen: "Wir möchten auch die in Versagis-Town zugestiegenen Fahrgäste an Bord des Metronoms begrüßen. Der nächste planmäßige Halt ist dann in Kürze...!". Den Rest habe ich dann leider nicht mehr vernommen, da ich durch einen spontanen Hustenanfall meine Ohren zu überlisten versuchte. Mir muss niemand einen geheuchelten einstudierten "schönen Tag noch" wünschen. Und überhaupt, woher nimmt das Zugpersonal die Gewissheit, dass mein Tag bisher positiv verlaufen ist? Leute, ihr seids... NICHT!
Warum zum Teufel muss mich eine Stimme daran erinnern, dass ich unter keinen Umständen mein Handgepäck vergessen darf? Möglicherweise wäre es den Versuch wert, mal einen Schal in die Ritze des Sitzes zu stopfen, um zu sehen, was passiert. Vielleicht ist es wie bei Howard Carter und man lebt innerhalb von zwei Wochen ab. Oder das Mädchen von "The Ring" ruft an und säuselt einem unmissverständlich ins Ohr, dass man nur noch sieben Tage zu leben hat. Da ich beide Varianten für unwahrscheinlich halte, charakterisiere ich die Aufforderung des "Nicht-Vergessens" als absolut überflüssig und hat etwa soviel Relevanz wie Angela Merkels Mann bei Staatsbesuchen.
Warum also die Dauerbeschallung im Metronom? Nein, bitte nicht den alten Schlager vom deutschen schwerhörigen Rentner. Liebe Mitmenschen über 65, auf einer einmal im Jahr stattfindenden Kaffeefahrt nach Suderburg kann man nicht annähernd die Hitze des Höllenfeuers spüren. Die Brandmale werden erst sichtbar, wenn man öfter als einmal pro Woche mit Satans Gefährt unterwegs ist.
Wer nach der Fahrt im Metronom noch nicht taub ist, hat noch eine Chance auf einen Hexenschuss oder einen Herzinfarkt. Zu harte Polstermöbel und Armlehnen aus vermutlich billig lakiertem, politisch inkorrektem Tropenholz sorgen für einen Komfort, der gegen Null geht. Lärmende Kinder und Heranwachsende, die vorzugsweise in kleinen Dörfern zusteigen, setzen dem Ganzen schließlich die Krone auf. Bis man schließlich wie der Elefantenmensch am Ziel- und Endbahnhof aus dem Zug kriecht und sich wünscht, man wäre nie aufgestanden.

Liebes Metronom-Team,
ich begrüße Sie in meinem Leben, in dem ich Ruhe und Entspannung brauche. Wir erreichen in Kürze meinen Verstand, der mit Ihrer Art zu Denken nicht kompatibel ist. Ich wünsche Ihnen einen grauenvollen Tag und hoffe, Sie nie wieder an Bord meines Kopfes begrüßen zu müssen.

Macht jetzt also nicht nur guter Geschmack, sondern auch das innere Bedürfnis nach Ruhe einsam?

* Den Namen "Metronom" erhielt dieser Zug des Konkurrenzunternehmens der Deutschen Bahn vermutlich, weil er sich wie ein Pendel der Grausamkeit zwischen Göttingen und Hamburg bewegt.

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